Glaziologie für Anfänger


Transformation von Schnee zu Eis

Kohne Science Trench

Frisch gefallener Schnee besteht in euro-päischen Breiten aus empfindlichen hexagonalen Eiskristallen mit dendritischen Nadeln, die bei loser Schichtung knapp 20 % des Volumens ausfüllen. Ihre filigrane Struktur ist jedoch nur von kurzer Dauer, da die einzelnen Nadeln in einer Schneedecke leicht zerbrechen und die einzelnen Schneeflocken sich untereinander zu größeren Einheiten verbinden.


Kohne Science Trench

In den Polargebieten, also in Regionen tiefer Temperatur und niedriger Luftfeuchte, fehlen den Schneeflocken die filigranen Nadeln. Sie bilden hauptsächlich einfache hexagonale Plättchen und Prismen aus, die die gehemmten Wachstumsbedingungen von Schneeflocken in der kalten polaren Luft widerspiegeln.


Firneis

Der Verdichtungsvorgang wird Sinterung genannt, angetrieben von der Tendenz, die Oberfläche der Gesamtheit zu minimieren. In der obersten Schneeschicht formen sich elliptische Körnchen mit ungefähr 1 mm Durchmesser. Die Kornstruktur und –größe variiert mit den Außenbedingungen wie Wind, Temperatur, Sonneneinstrahlung und Luftfeuchte. Die jahreszeitlichen Schwankungen führen zu unterschiedlichen Schneeschichten. Hält man ein dünnes Schneeprofil gegen das Licht können diese unterschiedlichen Schichten sichtbar gemacht werden. Bohrt man in eine dicke Schneedecke, so lassen sich diese Variationen entlang des Bohrkerns verfolgen wie die Wachstumsringe in Baumscheiben.


Kohne Science Trench

Wie entsteht Eis aus dem polaren Schnee? Die Umwandlung von Schnee zu Eis wird als Drucksinterung beschrieben und vollzieht sich auf polaren Eisschilden innerhalb der obersten 50 bis 100 m der Schneeschichten. Die Umwandlung dauert je nach Schneezutrag zwischen 200 und 2000 Jahre . Dabei wird ein Schneepaket von frisch gefallenen Neuschnee fortlaufend überschichtet. Das Eigengewicht der wachsenden Schneesäule drückt den Schnee immer stärker zusammen.


Firneis

Die Sinterung vollzieht sich in drei Phasen. In der ersten Phase verbinden sich die Eiskörner über Kornbrücken miteinander. Der Schnee gewinnt sofort an Festigkeit. Dieser „alte“ Schnee wird als Firn bezeichnet. Die Lufträume zwischen den Eiskörnern sind noch vollständig miteinander verbunden. Eine Verdichtung wird durch den Prozess der Setzung erreicht. Dabei brechen einzelne Kornbrücken aufgrund der Auflast durch Neuschnee auf, und größere Lufträume werden mit Eiskörnern aufgefüllt. Die Dichte nimmt von 200-400 kg/m3 auf ca. 550 kg/m3 zu. Hier erreicht der Firn die dichteste Kugelpackung, so dass ein einfaches Aufbrechen der Kontaktbrücken und ein damit mögliches Verschieben der Körner nicht mehr zur Erhöhung der Dichte beitragen kann. In der zweiten Phase der Sinterung wird die Verdichtung über eine Umkristallisation einzelner Eiskörner erreicht.


Firneis

Damit wird die Kornform den Lufträumen angepasst, auch kleinere Körner werden von größe-ren Körnern für ihre Verformung genutzt. In Folge dieser Umkristallisation wachsen die Kontaktflächen zwischen den Eiskörnern. Die Dichte steigt weiter an. Über plastische Deformation auch innerhalb der Körner werden dann Dichten von 830 kg/m3 erreicht. An dieser kritischen Dichte ist der Firn so stark verdichtet, dass die Lufträume beginnen sich zu einzelnen Blasen zu isolieren und nicht mehr im Kontakt zu der gesamten plastischen Deformation der Schneesäule stehen. Mit der Isolation der Lufträume in einzelne Blasen beginnt die dritte Phase der Sinterung, in der eine weitere Verdichtung nur durch die Kompression der Luft in den isolierten Blasen zu erhalten ist. Definitionsgemäß spricht man am Blasenabschluß nicht mehr von Firn sondern von Eis, das abgeschlossene Luftblasen enthält. Diese Luftblasen bilden ein einmaliges Archiv für die Gaszusammensetzung der Atmosphäre und werden in der Klimaforschung als wichtige Parameter benutzt.


Firneis Firneis

Beispielsweise lernte man daraus etwas über das erdgeschichtliche CO2 und Methan. Das sogenannte Blaseneis wird durch die Auflast des bis zu 3000 m mächtigen Eispanzers der polaren Eisschilde weiter verdichtet. Die Blasen werden zunehmend kleiner. Ab einem bestimmten Druck unterhalb einer Tiefe von ca. 500 m (was ungefähr einem Druck von 50 Atmosphären entspricht) verschwinden die Luftblasen sogar vollständig. Dabei wandern die Gasmoleküle in die Kristallebenen des Eises und es werden sogenannte Klathrate gebildet.


Damit erreicht das polare Eis mit 917 kg/m3, die theoretisch maximale Dichte von reinem Eis. Bei Druckentlastung können die Klathrate aufbrechen. Schmilzt man das Eis auf, erhält man die dort eingeschlossene Luft.