Glaziologie für Anfänger
Rekonstruktion der Temperatur
In den natürlichen Gewässern der Erde kommen vor allem die stabilen isotopischen Komponenten H216O, H218O und HDO vor. Der Ozean ist in Bezug auf diese Komponenten gut durchmischt und zeigt mit wenigen Ausnahmen ein gleichförmiges Isotopenverhältnis dieser drei Komponenten von etwa 100000:2000:320
Bei Phasenübergängen (Verdunstung, Kondensation) kommt es jedoch zur isotopischen Trennung (Fraktionierung) der verschiedenen Isotope unterschiedlicher Masse, so dass anderes Wasser wie z. B. Wolkentröpfchen, Niederschlag, Eis etc. andere Isotopenverhältnisse aufweist. Die Messung von Isotopenverhältnissen des Wassers kann deshalb genutzt werden, um den hydrologischen Kreislauf der Erde zu untersuchen und paläoklimatische Informationen abzuleiten.
An der Ozeanoberfläche verdunstet bevorzugt die leichtere Komponente, wodurch der Wasserdampf isotopisch leichter wird, d.h. an der schwereren Komponente abgereichert. Bei der Kondensation dieses Wasserdampfes erfolgt genau das Gegen-teil. Die schwerere Kompo-nente kondensiert bevor-zugt. Der Niederschlag ist somit gegenüber dem Wasserdampf isotopisch angereichert, der Wasserdampf bleibt noch stärker abgereichert zurück.
Die Änderung des Isotopengehalts erfolgt in folgenden Schritten: - Wasser verdunstet an der Ozeanoberfläche, der Wasserdampf wird isotopisch abgereichert. - Wasserdampf kondensiert wieder, die Fraktionierung wird dabei rückgängig gemacht, d.h. das erste dabei gebildete Wasser hat wieder die Isotopenzusammensetzung des Ozeans.
Der Wasserdampf bleibt jedoch noch weiter isotopisch abgereichert zurück - Je mehr Wasser auskondensiert, desto isotopisch leichter wird der Wasserdampf. Die Kondensation dieses Wasserdampfs wird bei der Fraktionierung nur noch teilweise rückgängig gemacht, der Nieder-schlag wird dadurch auch zunehmend isotopisch leichter.
Die Stärke dieser Fraktionierung ist vor allem von der Temperatur über dem Eisschild abhängig. D.h. je kälter desto istopisch leichter ist der Niederschlag. Dieser Zusammenhang kann benutzt werden, um Klimaänderungen in der Vergangenheit anhand von ∂18O in Eiskernen zu rekonstruieren.
Abbildung: Saisonale Schwankungen des ∂18O-Wertes von Schneeproben aus den obersten 3 m eines Schneeschates in Dronning-Maud-Land (DML25), Antarktis.
Eines der interessantesten Ergebnisse ist die Entdeckung der Dansgaard-Oeschger Ereignisse im grönländischen Eis. Dies sind schnelle Temperaturänderungen von ca 15°C in wenigen Jahrzehnten, die das Klima im Nordatlantikraum während der letzten Eiszeit dominierten.